Die Geschichte begann an einem kalten Winterabend im Warehouse 12. Dieses Lagerhaus wird unter den Bruichladdich Mitarbeitern „Vatikan“ genannt, da hier das Vatting der besten Whiskyfässer und somit zugleich die Kreation geheimnisvoller Aromenkomplexität stattfindet.
Der stürmische Wind pfiff vom Meer her durch die Dörfer am Lochindaal und riss mitten im Umladen der Fässer das große Tor von Warehouse 12 mit einem Donnerschlag auf. Als echte Romantiker und Naturburschen hatten alle denselben Gedanken – der Himmel schickt eine geheime Botschaft! Der Master Distiller, Jim McEwan, trat hinaus in den Sturm, über ihm der schwarze Himmel, zu seinen Füßen ein Fass aus französischer Eiche. Mit allen Kräften hielt er das Tor auf, damit die Männer schnell die Fässer in den Schutz der Halle bringen konnten. Fass für Fass rollte vorsichtig an mir vorbei, als plötzlich ein wunderbarer Duft den Raum erfüllte. Mysteriös, fesselnd, fast hypnotisierend in seiner Komplexität – als wäre er nicht von dieser Welt.
Man fragte Jim, welche Schätze in diesen besonderen Fässern lagerten, woher sie stammten und wie lange sie schon reiften. Er nahm einen tiefen Atemzug, machte ein ernstes Gesicht und sprach: „Das, Leute, ist ein großes Geheimnis, das wohl niemals gelüftet wird. Es ist pure Magie.“
Für einen Augenblick ließen sie seine Worte auf sich wirken – Jim und seine Magie –, dann schüttelten sie ungläubig den Kopf und sagten: „Jim, du bist wahrscheinlich kein Brenn-, sondern ein Hexenmeister, der Herrscher über die dunklen Künste …“
So entstand der Name „Black Art“. Man beschloss, eine Reihe von limitierten Cuvées herzustellen. Jede aus einer ganz besonderen Auswahl an gereiften Fässern, die aus allen Warehouses stammen und auf kunstvolle Weise zu einem Black Art Whisky vermählt werden sollten. Fässer, die aufgrund ihrer besonderen Entwicklung für ganz besondere Gelegenheiten aufbewahrt wurden. Fässer, die für einen Master Distiller viel Arbeit bedeuteten, eine beseelte, dynamische und überaus lebendige Symbiose von Holz und Whisky mit einer einzigen Bestimmung – Black Art.
Es wurde schnell klar, dass Fasstyp oder Alter keine Rolle spielen sollten (auch wenn alle Black Art Editionen bis heute mindestens 19 Jahre alt sind) und dass es immer eine Mischung aus verschiedenen Fässern und Holztypen sein sollte. Ein Sherry Butt aus Jerez de la Frontera? Ein Hogshead aus Jurançon? Ein österreichisches Fass vom Neusiedler See? Allein die dunkle Magie der Destillations- und Ausbaukunst sollte über die Entwicklung und letztendlich die Fässer entscheiden.
Als die Idee bekannt wurde, gab es einen großen Aufschrei in der Branche. Wie konnte man ernsthaft einen Vatted Single Malt Whisky auf den Markt bringen, ohne die Komponenten zu verraten? Man schwor sich gegenseitig Verschwiegenheit. Das Prinzip war oberstes Gebot.
Als der erste Black Art auf den Markt kam, war er ein Selbstläufer. Die mystisch schwarze Flasche und der geheimnisvolle Inhalt erinnerten viele an Churchills berühmtes Zitat „wrapped in a mystery, inside an enigma“ (ein Geheimnis, verborgen in einem Buch mit sieben Siegeln).
Ohne die Magie zu zerstören, sollte jeder Black Art dennoch seine eigene Geschichte erzählen. Für ihn spielen Terroir, Herkunft und Handwerkskunst dieselbe wichtige Rolle wie für alle anderen Whiskys der Bruichladdich Brennerei. Nur eins ist und war immer sicher: Ein Black Art soll in der Summe immer ein Mysterium bleiben. Er ist kein Whisky für jedermann und auch nicht für den alltäglichen Genuss. Er ist ein Dram für alle, die auf der Suche sind, für Forscher, Geheimniskrämer, Erleuchtete oder solche, die auf dem Weg dahin sind. Er nimmt dich mit auf eine unbekannte Reise in die Dunkelheit, ohne Landkarte oder Navi.
Über Adam Hannett
Adam Hannett kam 2004 im Alter von 19 Jahren zu Bruichladdich. Im Gegensatz zu seinen Geschwistern und zum Leidwesen seiner Eltern hatte er gerade sein Studium abgebrochen und heuerte im Brennerei-Shop von Bruichladdich an, um Geld zu verdienen. Es dauerte kein Jahr, bis ihm die Arbeit als Verkäufer und gelegentlicher Tour-Guide zu langweilig wurde und er das Unternehmen wieder verließ. Jedoch gefiel ihm weiterhin die umtriebige Stimmung in der Brennerei. Damals, zu Gründungszeiten, herrschte ein ganz besonderer Zusammenhalt unter den wenigen Mitarbeitern. Das Geld war knapp, die Distribution steckte noch in den Kinderschuhen, aber die Männer hatten unglaublich viele Ideen und eine große Leidenschaft für ihr bahnbrechendes Islay- und Terroir-Konzept. Allen finanziellen Anfangskrisen zum Trotz wuchs der Glaube an die gemeinsame Vision und es entwickelte sich eine rebellische Grundeinstellung im Sinne von „Komme, was wolle – wir machen keine Kompromisse!“. Insbesondere der Head Distiller, Jim McEwan, imponierte Adam. Er hatte mit seinem Team scheinbar alle kreativen Freiheiten, es gab keine Regeln und der Alltag in der Brennerei glich einer Achterbahnfahrt. „Endlich hatte ich meine berufliche Bestimmung gefunden. Ich wollte ein Teil dieses verrückten und dennoch hoch-professionellen Teams werden!“, erinnert sich Adam.
Nach kurzer Zeit zog es den auf Islay geborenen Schotten zurück in jene Brennerei, die den geschmacklichen Ausdruck seiner geliebten Insel so kompromisslos in die Welt tragen wollte. Er fragte Jim nach einem Job im Warehouse, um bei ihm und seinem Team als Praktikant in die Lehre zu gehen.
Adam wohnte damals in Ardnave, einem zehn Meilen entfernten Örtchen an der Nord-westspitze der Insel. Der Weg zur Brennerei führte über einen unbefestigten Feldweg, und da er keinen Führerschein besaß, musste Adam die Strecke bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad zurücklegen. Wer die Kraft der Atlantikstürme auf Islay schon einmal erlebt hat, kann sich vorstellen, dass der junge Mann oft eher darum kämpfen musste, nicht umzustürzen, anstatt vorwärtszukommen … und das bei einem Job, der morgens um 6.00 Uhr begann und oft erst spätabends endete. „Das war mir egal. Ich wollte um jeden Preis dazugehören und von Anfang an mein Bestes geben!“
Dank Adams unermüdlichem Engagement und seiner großen Leidenschaft für die Bruichladdich Vision war Jim gerne bereit, ihn immer tiefer in die Geheimnisse von Handwerk, Destillation und einer perfekten Reifung einzuweihen. Mit seinen 50 Jahren Erfahrung brachte er ihm in den kommenden fünf Jahren bei, sich das Holz im Detail anzusehen, den Whisky zu nosen und zu verkosten und darüber nachzudenken, in welchem Fasstyp er wohl am besten zu einem bestimmten Ergebnis reifen konnte. So gingen Adam über die Jahre die typischen Merkmale der einzigartigen Bruichladdich DNA in Fleisch und Blut über.
Eines Abends, es war das Jahr 2010, bat Jim seinen Schützling, ein wenig länger zu bleiben. „Er habe etwas Wichtiges zu erledigen“, erinnert sich Adam. Sie verbrachten fast die ganze Nacht im Warehouse 6 mit der Verkostung von Whiskys aus den verschiedensten Fässern. Sie diskutierten Entwicklung, Charakter und Aromenpotenzial, bei einem alten Sherryfass jedoch blieb ihnen schier der Atem weg. Mit einem geheimnisvollen Lächeln bat Jim seinen Zögling, dieses Fass gesondert zu platzieren. Am darauffolgenden Tag wählte der Meister weitere Fässer aus und ließ sie dazustellen. Sein Team begann mit dem behutsamen Vatting der Whiskys, ohne zu wissen, für welchen Zweck Jim die Fässer miteinander vermählen ließ. Es war eine sehr geheimnisvolle, fast andächtige Stimmung und erst später erfuhren die Männer, dass sie an diesem Tag eine Legende geschaffen hatten – die erste Edition des einzigartigen Black Art!
Adam über die 5. Edition des Black Art
„Bevor Jim 2015 in den Ruhestand ging, überreichte er mir seine Rezeptur für die fünfte Black Art Edition. Es war ein sehr emotionaler Moment, als ich die Verantwortung für einen unserer großartigsten Whiskys übertragen bekam. Ich nahm das Stück Papier an mich und legte es zu den Akten … denn die neue Edition sollte zu 100 % mein Black Art werden.“
Der erste Black Art verstieß gegen alle Regeln – seine Komponenten blieben ein großes Geheimnis und nicht einmal Marc Reynier, der Inhaber der Bruichladdich Brennerei, wurde eingeweiht. Zudem konnte man die Farbe des Whiskys in der blickdichten schwarzen Flasche nicht erkennen. Sie ist eine Hommage an die mysteriöse „Blacker Still“-Brennblase der Brennerei und mit mystischen Zeichen, magischen Symbolen und dem lateinischen, aus der frühen Alchemie stammenden Satz „Omnia ab Una“ (alles aus einem) versehen.
Der Black Art war von Anfang an ein Erfolg auf allen Ebenen! Die einen fanden das Konzept cool, die anderen derart arrogant, dass der Inhalt unbedingt einer kritischen Betrachtung unterzogen werden musste … Nach der ersten Edition wurde auch jede weitere zur Legende, Black Art 4 wurde sogar zum Best Single Malt Whisky 2015 sowie Best Single Malt Scotch (Islay) 2015 auf der International Whisky Competition gekürt.
Der erste eigne Black Art
Adam hat in seiner Funktion als der amtierende Head Distiller nun die fünfte Black Art Edition abgefüllt und sagt dazu: „Wie Moses vom Berg hinabsteigend, kam Jim kurz vor seinem Ruhestand zu mir, um mir seine ‚Black Art Gebote‘, also seine Rezeptur für die fünfte Edition, zu überreichen. Es war ein sehr emotionaler Moment, als ich die volle Verantwortung für einen unserer großartigsten Whiskys übertragen bekam. Dankend nahm ich das Stück Papier an mich und legte es zu den Akten. Ich habe vor Jim und seinem Vermächtnis unendlich viel Respekt, er war mein Lehrer und ist einer der großartigsten Männer seines Faches. Aber wie er damals bei seiner ersten Edition muss auch ich meine eigenen Wege gehen. Edition 05.1 sollte zu 100 % mein Black Art werden.“
„Dadurch erhöhte sich für mich auch der Druck“ sagt Adam. „Der Black Art ist das geheimnisvollste Aushängeschild unserer Brennerei ・ in allen Facetten verkpert er das Beste. Ich muss zugeben, dass mich die Entscheidung, mich nur auf meine eigene Intuition zu verlassen, einige schlaflose Nächthte gekostet hat. Ich wollte weder Jim noch die Black Art Fans enttäuschen. Gerade erst war ich in die enormen Fusstapfen eines der besten Distiller dieser Erde getreten, als wäre das nicht schon genug Verantwortung! So manche Nacht fragte ich mich: 8ar das die richtige Entscheidung? Habe ich die geeigneten Fässer ausgewält?・ Aber ich habe gelernt, dass man gerade nach intuitiven Entscheidungen am meisten an sich glauben muss. So viele Jahre durfte ich vom Besten lernen und habe nun selbst eine klare Vorstellung davon, was einen Black Art ausmacht.“
Trotz aller Erfahrung spielten auch für Adam Instinkt und die geheimnisvolle Magie eine große Rolle bei der Kreation seines Black Art Edition 05.1. „Das Fass findet mich, nicht umgekehrt. Ich habe vorab keinerlei Vorstellungen, sondern höre zu, was mir die Fässer erzählen. Ab und zu tanzt eines der Fässer im positiven Sinn aus der Reihe und ich mache einen Vermerk in meinem Notizbuch, dass wir es für einen besonderen Zweck im Auge behalten sollten.“Dieses besondere Fass kann das Herzstück der nächsten Black Art Edition werden. Deshalb ist jede Black Art Cuvée einzigartig! Jede verlangt dieselbe Hingabe und Aufmerksamkeit wie ihr Vorgänger.“
Der Stolz der Eltern ist ihm wichtig
Wie fühlt man sich mit dieser großen Verantwortung und der ersten eigenen Whisky-ikone? Adam: „Ich denke, dass meine Eltern heute mit meiner beruflichen Entwicklung sehr zufrieden sind. Neben den Diplomen meiner Geschwister steht in ihrem Haus nun auch Whisky mit meinem Namen und meiner Unterschrift darauf. Das macht mich, ehrlich gesagt, ziemlich stolz!“
Tasting Notes
Um die mysteriöse Komplexität aller Aromen zu erfassen, benötigt man etwas Zeit, denn dieser Whisky verändert sich ständig. Immer wieder steigen neue Nuancen empor und geben Stück für Stück das aromatische Geheimnis einer beeindruckenden Cuvée preis.
Verführerische Fruchtnoten erinnern an Kirsche, Mango, Aprikose, Pflaume und etwas Orangenzeste. Über allem liegt eine gewisse Süße, wie ein sanfter Schleier aus braunem Zucker, Vanille und in Sirup eingelegten Feigen. Voller Würde erfüllt die Black Art Edition 05.1 den ganzen Mund, ein wirklich einzigartiges Geschmackserlebnis. Die samtige Textur stammt von der langen Reifung in ausgewählten Fässern und verleiht dem Whisky seine einzigartige Fruchtigkeit. Die Obstnoten, die man bereits in der Nase entdecken konnte, werden am Gaumen durch gut strukturierte Aromen von Holz, Honig und Tabak ergänzt, abgerundet mit einem würzigen Hauch von Vanille und Zimt. Elegant, raffiniert und ganz die klassische Bruichladdich DNA: Variation von Steinobst mit einer perfekten Balance zwischen Holz, Malz und Frucht. Die floralen, reifen Noten am Ende des langen Nachklangs hinterlassen einen bleibenden Eindruck.